Meinerseits

Ich packe meinen Koffer…

Bevor er wurde was er heute ist, war er doch eher unansehnlich. Beinah unsichtbar… Ich entdeckte ihn auf einem Flohmarkt, grau-braun und abgewetzt, die Schließen verrostet. Links oben, neben dem Griff, entzifferte ich „Detmold“ und dann noch die Überreste eines Namens, der mit K begann… Sein Innerstes war mit vergilbtem, kariertem Papier ausgeschlagen und er roch nach einer Mischung aus Mottenkugeln und muffigem Keller. Der Verkäufer schien froh über mein Interesse und schenkte ihn mir… Im ersten Corona Winter nahm ich mich seiner an, lüftete ihn gründlich, entfernte das alte Papier und ging mit ihm auf Tuchfühlung. Solange er noch der alte war, offenbarte er mir meist trostlose Bilder. Von Menschen mit ausdruckslosen Gesichtern, die einander glichen wie die Koffer in ihrer Hand und aussahen als schleppten sie Wackersteine  – so schwer trugen sie an der Last ihres Lebens. Einmal allerdings, da schlich sich auch das Bild eines kleinen Mädchens in meine Gedanken. Sie schlenkerte das Ding als wöge es nichts, setzte sich sorglos mitten auf einen Bahnsteig, öffnete die Schließen, klappte den Deckel auf […]

Blick über das äußerste Thal
Meinerseits

Das Wunder des Einklangs

Früh morgens wecken mich die Vögel. Und abends lausche ich ihnen bis ich müde werde. Sie haben alle ihren eigenen Ton und ihre eigene Art, wenn sie ihre zarten Hälse in die Höhe recken und als Solisten, wie im Kollektiv, aus voller Brust ihre Stimmen erheben. Ein Geschenk – genauso, wie das gemeinsam “Singen im Thal”… Bevor ich zur Schule ging, sang ich mich allabendlich in den Schlaf. Alle Lieder, die ich kannte, hoch und runter. Ich stand auf Heintje und trällerte “Heidschibumbeidschi” zu jeder Jahreszeit. So gerüstet wurde ich als Grundschülerin direkt Mitglied im Kinderchor. Und in der Vorweihnachtszeit gab ich beim Chor-Krippenspiel selbstbewusst König Herodes, den sonst keiner spielen wollte. Eingehüllt in Mamas Brokat-Tischdecke… Nach der vierten Klasse war Schluss damit und in Folge hatte ich mit Chorgesang jahrzehntelang nix mehr am Hut. Bis sich im Frühling 2019 bei uns im Dorf, unterm Dach des Gesangvereins Eintracht, ein Newcomer-Grüppchen zum “Singen im Thal” zusammenfand. Gehört hatte ich, dass der Chorleiter Johannes Kalpers  schon ein paar Jahre in Eußerthal wohnt, ein echter Gesangs-Profi ist und […]