Und jeden Morgen geht die Sonne auf
Meinerseits

Kinder, Sterne und die Liebe

Als Enkeltochter Mia zum allerersten Mal mit der Endlichkeit des Erdenlebens konfrontiert wird ist sie gerade vier Jahre alt. Da verabschiedet sich ihre „Urmi“, meine Mama, und sie will wissen, wo sie jetzt ist. „Die Urmi ist wieder ein Stern geworden,“ erkläre ich ihr, weil auch mir diese Vorstellung tröstlich erscheint, und wir gehen zusammen auf die Terrasse und schauen in den klaren Abendhimmel. Dann deutet ihr kleines Zeigefingerchen auf einen besonders hell leuchtenden Stern und sie fragt: „Omi, meinst du sie ist da?“ „Kann gut sein,“ antworte ich und dann stehen wir, Hand in Hand, und schauen und vertrauen. Später basteln wir Sterne, ganz viele, mit guten Wünschen drauf, damit wir sie der Urmi noch mit auf den Weg geben können. Je mehr geliebte Wesen sie loslassen muss, um so mehr Sterne findet sie abends am Firmament und um so klarer ist ihr, dass alle irgendwann geboren werden und alle und alles irgendwann stirbt. Die Zeit dazwischen nennen wir Leben. Mittlerweile ist auch die andere Uroma ein Stern geworden. Und Tia, der geliebte Hund, […]

Andererseits

Unheimlich nah und extrem beglückend …

Wie kann ein Buch, das dem Umgang der Überlebenden mit dem Tod geliebter Menschen gewidmet ist, sich letztendlich als eine Quelle des Glücks erweisen? Und noch schlimmer: ein Roman, also reine Fiktion, anlässlich plötzlicher, grausamer, welterschütternder Tode (11. September in New York einerseits, Dresdenbombardierung 1945 andererseits)! Es gibt eben Bücher, die Glücksfälle sind – und große, unerschöpfliche Glücksquellen. Dem damals 28 jährigen amerikanischen Schriftsteller Jonathan Safran Foer ist ein solches Kunststück gelungen – mit seinem Roman Extrem laut und unheimlich nah, der nicht ganz neu ist ( 2005 ) aber so zeitlos und für mich unvergesslich, dass er mir sofort in den Sinn kam, als ich über Gabi Salers selbstgewählte Aufgabe als Trauerrednerin nachdachte. Sagen wir es mal so: keiner von uns denkt wahrscheinlich mit Offenheit und Großmut an den plötzlichen, unvorhersehbaren Tod. Weder an den eigenen, noch an den geliebter Menschen. Aber der neunjährige Oskar lehrt uns hier in diesem Buch, wie man es anstellen könnte – und wozu… Nun ja, Vorsicht! Es gibt Fabelkinder, wie auch Fabeltiere: sie sind Mittler, sie transportieren Gedanken und […]

Deinerseits

Das Einerseits und Andererseits im Leben

Einerseits und andererseits. So ist’s im Leben. Einerseits genieße ich die fröhliche Leichtigkeit, die das Bloggen über Glück und so und das Portraitieren von Menschen, die lieben was sie tun, das bunte Gestalten von Hochzeiten und Willkommensfeiern und „Das Wunder der Bärenbande“ so mit sich bringen, und andererseits sind mir Reden und Zeremonien für Abschiedssituationen zu einem Herzensanliegen geworden. Vielleicht, weil in Zeiten der Trauer alle Masken fallen, die wir im täglichen Sein so häufig tragen. Vielleicht, weil Tränen fließen dürfen. Vielleicht, weil es in diesen Augenblicken keinen größeren Verlust mehr geben kann. Vielleicht, weil gerade dann Nähe und Anteilnahme so kostbar sind. Und vielleicht, weil es mich berührt, wenn ich mit Worten berühren darf. Im Kreis von Angehörigen sammeln wir Erinnerungs-Perlen. Weißt du noch … Diese Perlen fädle ich auf, an jenem Faden, an dem ein ganzes Leben hing. Und es entsteht eine einzigartige Kette aus Bildern und Geschichten, die die Seelen tröstet, der Versöhnung dient und auf ewig in Liebe verbindet … Welche Geschichten unsere Leben auch erzählen mögen – sie sind es wert erzählt zu werden.