Meinerseits

Solidarität und die Flucht nach vorn

Nähe, Anteilnahme, finanzielle Unterstützung und Perspektiven tun Not. Für zahllose Menschen jedweden Alters und in unterschiedlichsten Lebenssituationen. Es brennt an allen Ecken und Enden. Doch echtes Mitfühlen ist unmöglich, wenn wir nicht wirklich voneinander wissen und Mitmenschen lediglich unter plakativen Oberbegriffen vorsortieren: Risikogruppe, Soloselbstständige, Freiberufler, Künstler, Pflegepersonal, Gastronomen, Alleinerziehende, Hartz 4 Bezieher … Die Begriffe an sich machen nichts mit uns, solange sie nicht an fühlbare Lebensgeschichten geknüpft sind. Ich bin eine, die sich vor Corona als Freie Autorin, Rednerin, Künstlerin durchaus ernähren konnte und mit wachsender Vorfreude auf all die Buchungen des Jahres 2020 blickte. Bis Mitte März eine Pandemie unsere Welt veränderte. Tatsächlich war es Mut der Verzweiflung, der mich Ende 2020 mit einer Bitte um private, solidarische Unterstützung in sozialen Medien zur Flucht nach vorne trieb. Längst weiß ich: Der Schritt, den ich getan habe, ging in die richtige Richtung. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Erstens folgte direkt eine Welle der Hilfsbereitschaft, zweitens teilten mir dadurch zahllose Menschen ihre eigene Lebenssituation mit, wodurch auch ich die Chance bekam Anteil zu nehmen, drittens brachte uns […]

Feuerschale
Meinerseits

Zur guten Hexen-Nacht…

Vor langer, langer Zeit stand in unserem Garten am lichten Berg ein Tipi. Und – wie die Indianer dereinst – so trafen wir uns dort, rund um die Feuerstelle, um uns auszutauschen und unsere Lebensgeschichten miteinander zu teilen. Groß waren unsere Runden, wer den Redestab hielt, durfte loswerden, was ihm auf der Seele brannte. Wir lauschten, erzählten, lachten, weinten, tanzten, tobten, ließen den Klang unserer Trommeln durchs Tal hallen, unsere Lieder kreisen und spürten jene tiefe Verbundenheit, die die Grenzen von Raum und Zeit überwindet… Im hier und jetzt schreiben wir den 30. April 2020. Heute ist wieder Beltane. Im irischen Kalender der Sommeranfang. Hierzulande besser bekannt als Hexen- oder Walpurgisnacht. Der Tanz ums lodernd-helle Feuer gehörte immer dazu. Wohl, weil ihm reinigende Kraft zugeschrieben wird und es Seuchen fern halten soll. Und sicher auch, weil so ein Feuer Menschen nicht nur einander, sondern auch dem Raunen der Natur näher bringt. Damals, in Tipi-Zeiten, wurden auf dem Lichten Berg rund um die Feuerstelle von Herzen gern Beltane und Walpurgis und die Hexen gefeiert. Heute regnet […]

Deinerseits

Mehr als Essen und Arzt …

Das Wunder der Bärenbande bringt eine Menge wundervoller Geschichten ans Licht. So auch diese, die mir meine liebe Freundin Alix nach einer Lesung in Landau schickte: “Nach Deinen Ausführungen hab ich da vielleicht was richtig gemacht, als ich diesen kleinen und völlig vernachlässigten, ja ausdrücklich ungeliebten Jungen in Peru kennenlernte. Und dann überlegte, dass er doch mehr braucht außer Essen und Arzt… So wurde dieser Bär sein erstes Geschenk und Spielzeug. Was hat er ihn beschmust und mit sich rumgeschleppt! Leider nahm ihm seine Oma schon bald den Bären ab. Er würde das kostbare Stück doch nur verschmutzen, erklärte sie resolut und so bekam der Bär namens Oso einen Platz auf Omas Regal. Vielleicht sah sie ihren Enkel durch diese Teddyliebe aber auch auf einmal mit anderen Augen, denn: Sie nahm ihn schließlich zu sich, er wurde angemeldet und bekam dadurch Zugang zu Krankenversorgung und Schule ….” Foto: A. Oehlert

Ansichtssache

Was bleibt ist Geschichte und …

An der Bad Dürkheimer Stadtmauer sind die Befestigungslöcher heute noch zu sehen. Also die, an denen Enzo, mein Liebster, als 12jähriger Junge mit seinem Jugendclub, frei nach der Frühsechziger-Jugendkultserie Der Kummerkasten, aus eigener Initiative einen solchen Kasten installierte und schwarz-weiß Fernsehen in die pfälzische Wirklichkeit holte. Onkel Karl hat ihn gezimmert und Enzos Oma Albertine überwachte die ordnungsgemäße Umsetzung des durchaus lobenswerten Buben-Plans. Nachbarschaftshilfe sollte das Motto sein. Wie im Fernsehen. Oma Albertine schickte ihn auf’s Stadthaus. Um Erlaubnis bitten, den Kasten überhaupt an der Stadtmauer anbringen zu dürfen. Danach hieß es: „Geh zur Rheinpfalz und zum Helmut Metzger. Der schreibt. Sagsch, was du willschd!“ Ratzfatz war die Sache geritzt, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und der Kasten wollte täglich geleert werden. Fünf Jungs hatten alle Hände voll zu tun. Einkaufen, Streichen, Anmachholzhacken, Zeitung vorlesen …. War gut was geboten. Bis … die Peters Heidi ins Spiel kam. Aus der Limburgstraße ganz oben. Enzo, zum ersten Mal total verliebt, lud sie ein, als einziges Mädchen in den Club. Hormonell bedingt ging die Kombi nicht wirklich […]

Meinerseits

Soulfood – ganz unerwartet

Den Tag über bin ich heute doch recht schweigsam. Kommt tatsächlich vor, wenn mich keiner anspricht und ich schreibe. Draußen nieselt es novemberlich, dunkel wird es auch schon, mein Magen knurrt und ich entscheide mich – äußerst widerwillig – meine behagliche Kreativinsel zu verlassen und, zwecks Nahrungsbeschaffung, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen. Weil ich grad in Baden-Baden bin, steuere ich einen, meinem Standort am nächsten gelegenen Supermarkt, an, in den ich grundgefühlt äußerst ungern gehe. Somit nur, wenn’s dringend sein muss. Vor dem Eingang eine Herde Hunde, allesamt freundlich, nebst einer Horde rucksackbepackter Herrchen mit Fahne, die meine vorsichtige Zurückhaltung sofort erkennen und mir, mit den Worten: “Die machen nix, da kannste ruhig vorbeigehen”, quasi Geleitschutz geben, auf das ich die schöne, bunte Einkaufswelt unversehrt betrete. Rechts neben dem Gemüsestand stehen die roten Einkaufskörbe ineinander gesetzt. Vor mir ein junger Herr, der gerade damit beschäftigt ist, den Müll, den ein anderer Einkäufer hinterlassen hat, aus dem ersten Körbchen, das er für sich in Erwägung zieht, ins nächste Körbchen zu verfrachten, was ja dann meins wäre. […]