… und magische Menschen wie Holger Much. Seiner Welt wohnt seit jeher ein Zauber inne, den er mit allen Sinnen wahrnimmt und dem er auf seine ureigenste Weise Ausdruck verleiht. Er sei wohl schon mit Buntstiften in der Hand geboren worden, mutmaßt der gebürtige Albstadter, denn seit er denken kann sind sie quasi die Verlängerung seiner Finger. Mutter Gerda überrascht es wenig, als ihr Sohn in frühen Kindergartentagen nicht etwa gängige Blümchen und Kopffüßler produziert, sondern stolz sein erstes bildgewaltiges Monster mit Riesenzähnen präsentiert. Sie weiß um die blühende Fantasie ihres Sohnes und versteht es die leicht irritierten Erzieherinnen zu beruhigen. Angst kann ihm ein solches Monster nicht machen. Er hat es ja schließlich eigenhändig erschaffen.
Holger Much ist einer, der in sich ruhen kann. Schon immer. Und wenn er eines definitiv nicht kennt, dann ist es Langeweile im negativ besetzten Sinn. Glück ist für ihn, eine lange Weile Zeit zu haben all das umzusetzen, was er sieht und hört und grenzenlos assoziiert. Übrigens auch musikalisch: Ian Anderson von Jethro Tull wird ihm via Schallplatte zum Blockflöten-Lehrmeister und fortan erscheint ihm “jedes Vogelzwitschern, jeder Metal-Akkord, jedes Summen einer Saite, jedes zarte Flüstern und jedes Lied als ein winziger Teil jener überwältigenden, ewig klingenden Symphonie dieser Schöpfung, deren Teil wir sind”. Seine Worte…
Weit gefehlt wer nun meint, der Gestalter, der so ungern Künstler genannt wird, säße tagaus tagein im stillen Kämmerlein und kreiere ausnahmslos Bild- und Klangwelten. Erfreulicherweise ist er nämlich auch ein äußerst kommunikativer Zeitgenosse und sein täglich Brot verdient er seit vielen Jahren als Redakteur beim Zollern-Alb-Kurier. Dort landet er bereits als jugendlicher freier Mitarbeiter und der intensive Kontakt zur Außenwelt, den eine solche Beschäftigung zwangsläufig mit sich bringt, erweist sich im Laufe seines Lebens tatsächlich als Segen. “Ohne diese täglich neue Herausforderung wäre aus mir wahrscheinlich ein sehr eigentümlicher Eremit geworden”, so seine Vermutung.
In Farben schwelgender Bildergeschichtengestalter
Nachdem er Abitur und Volontariat in der Tasche hat, kehrt er der Heimatstadt und dem Zeitungsblatt zwecks weiterer Lehren für ein paar Jahre den Rücken. In Tübingen studiert er nicht etwa Kunst, sondern Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft. Für ihn die eindeutig richtige Wahl, denn er sieht unendlich viele Bilder und hört unendlich viele Geschichten, die ihn selbst wiederum maßlos inspirieren. Er entdeckt seine Vorbilder in Meistern wie Rembrandt: “Wer schon mal vor einem echten Rembrandt stand und innerlich nicht in die Knie ging, der spürt nix…”, in Dürer mit seinen eindringlichen Zeichnungen und natürlich in den fantastischen Bildwelten des Hieronymus Bosch. Der hat als Kind wahrscheinlich auch schon Monster mit großen Zähnen verewigt…
Mit dem Abschluss des Magister Artium kehrt er heim nach Albstadt und wirkt fortan als freischaffender Maler, Zeichner, Drucker, Illustrator und als Journalist primär für den Zollern-Alb-Kurier. Holger Much ist bald eine Instanz – als Kunstschaffender wie als Redakteur. Und trennt sie doch strikt, diese Welten. Tagsüber ist er Zuhörer, Vermittler, Berichterstatter, abends und an Wochenenden ist er der Schilderer. Der in Farben schwelgende Bildergeschichtengestalter…Während es für den Zeitungsmann in der Regel um Zahlen, Daten, Fakten geht, zieht ihn in der eigenen Zeit das Unerklärliche am allermeisten an. Die Anderswelt, in der das kleine Volk haust, wo es Gnome und Kobolde gibt und all die Wesen, die er so leidenschaftlich ans Licht zu bringen vermag. Und selbst bei den dunkelsten Welten, die er erschafft, kann er sich durchaus wünschen, dass sie wahrlich existieren würden, weil er der Meinung ist, dass diese unsere Welt deutlich mehr Zauber braucht.
Beileibe nicht alle seiner Geschöpfe sind düster oder gar gruselig. Eher liebevoll skurril. Manchmal auch traurig. Hin und wieder gleichen seine Illustrationen und Musikstücke gar einem Tanz mit dem Tod, denn – wo er doch unausweichlich jedem bevorsteht – da spielt und tanzt er doch lieber mit ihm – in Farben, Formen, Klängen, als sich durchs Leben kriechend vor dem Unausweichlichen zu verstecken. Eine unbeschreibliche Freude ist es ihm, wenn sich Menschen in ihrer Einsamkeit in seinen Werken wiederfinden: “Kunst ist ein wundervolles Mittel gegen Einsamkeit und wenn ich Menschen auf diese Weise berühren und ihnen das Gefühl vermitteln kann “Du bist nicht allein”, dann ist das Glück für mich.”
Lebensgefährtin Anja, auch eine Seele mit solch feinen Antennen, teilt sein Wahrnehmen und Empfinden. Drum gleicht das gemeinsame Häuschen wohl in allen Winkeln und Ecken einer verwunschenen Wohngemeinschaft mit Feen, Kobolden, Elfen und anderen Wesenheiten. Der Zauber ist immer und überall, sogar im Gartenteich bei Familie Molch. Bei all dem überrascht es keineswegs, dass Anja ihrem Holger, dessen Plüschtiere schon in Kindertagen ausgeprägte Persönlichkeiten aufwiesen, vor ein paar Jahren einen kleinen Teddybären überreicht, der fortan ein erstaunliches Eigenleben entwickelt und an unserem Kennenlernen maßgeblich beteiligt ist. Dem Bär sei Dank wurde Holger Much zum Illustrator meines Buches Das Wunder der Bärenbande. Wodurch wir gemeinsam ein wenig am Zauber in der Welt weben durften…
Mehr über die fantastischen Bild- und Musikwelten des Holger Much, seine Ausstellungen, Projekte und Visionen auf seiner Homepage: www.holgermuch.de
Foto 1: Schnappschuss auf der Leipziger Buchmesse. Foto: Harald Melcher
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