Bunte Vögel braucht die Welt!

Zu Besuch bei AKM Kreutzberg

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Alfred Karl Maria Kreutzberg. Foto: Saler

“In Duisburg-Hamborn hinterließ die Schwerindustrie rußgraue Spuren. Da hatten wir ganze fünf Tage im Jahr mal blauen Himmel,” erinnert er sich. So beginnt Alfred Karl Maria Kreutzberg schon als Kind, sich den Himmel hell und weit zu malen und das Licht gelb und golden. Er schafft sich die Welt, wie sie ihm gefällt und fliegt in seinen Träumen, Theodor Storms kleinem Häwelmann gleich, am liebsten einmal zum Mond und zurück.

An einem trüben Dezember-Mittwoch begegne ich dem nunmehr 69jährigen AKM zum ersten Mal in seiner Galerie in Bad Honnef. Jahrzehnte arbeitet er hier als Rechtsanwalt, gestaltet als Politiker, punktet als Sportler und hört doch nie auf zu malen, wie er es von klein auf tut. Zeugnis davon geben Bilder, Bilder, Bilder, bemalte Fußböden, Wände, Türen und auch jene Etage, die über 40 Jahre seines Lebens als Kanzlei diente, hat mit Aktenmuff und Schreibtischbrüterei längst nichts mehr zu tun.

Über knarrende Treppen steige ich hoch hinauf, staune mit jedem Schritt mehr über eigenwillige Vögel mit Herzen und roten Kreuzen im Schnabel, über leuchtend erleuchtete Quadratschädel mit Signalwirkung und starre Wesen, die mit ihren Sitzmöbeln eins geworden zu sein scheinen, seine Stuhlnagelmenschen. Zwischen all dem: Unverwechselbare Handschriften, mal mehr, mal weniger leserlich. Manche steigern meine Vorfreude: “Glück ist der Gedanke an Dich.”

AKM Grauer Bär. Foto: Saler

Als ein grauer Bär zu meinen Füßen erscheint und die letzten acht Stufen zum Kunstraum Kreutzberg ankündigt, fühlt es sich an, als habe ich schon in die Seele eines Menschen blicken dürfen, ohne ihn je zuvor erlebt zu haben…
“Wäre fein, wenn Sie beim nächsten Treffen die gleichen Schuhe anziehen würden”, werde ich vom Künstler in seinem Adlerhorst begrüßt. Ich stutze. “Wegen des Wiedererkennungseffektes!” Wir lachen. Die Hürde zur Barrierefreiheit in meinem Kopf ist wieder mal genommen. Alfred Kreutzberg hat seit 22 Jahren Parkinson, läuft gebückt und kennt sich folglich aus mit Schuhwerk und allem, was man aus dieser Perspektive hauptsächlich erfassen kann. Gramgebeugt ist er deshalb nicht. Ganz im Gegenteil: Er wirkt und malt und lacht wie er ist, wie er kann und hat dabei unglaublich viel zu erzählen.

Zwei Hocker dienen dazu, uns auf Augenhöhe zu begegnen. Während AKM bereits munter aus dem Nähkästchen plaudert, fliegt mein Blick erst einmal hinaus durch die hohen Fenster übers sagenumwobene Siebengebirge. Was ihn freut, als er’s bemerkt, denn die lebhafte Erinnerung – nicht nur an diesen Ausblick – bringt er in seinen Bildern immer wieder neu zur Welt.

AKM Galerie. Foto: Saler

Wir sind nicht allein. Ein Mann und eine Frau stöbern, gänzlich versunken, in überwältigender Bilderfülle. Seit 2002 zeigt AKM seine Werke der Öffentlichkeit. Stellt aus in Düsseldorf, Nürnberg, Bonn, Godesberg, Unkel, Neuwied, Essen, München, Teneriffa und Berlin, doch wer ihn Auge in Auge erleben will, kommt in seine  Galerie Kreutzberg, Markt 5 in Bad Honnef .

Geboren wird AKM 1947 in Marktbreit im Fränkischen. Die Eltern sind Ärzte und ziehen – der Festanstellung im Johannes Hospital wegen – mit den Kindern nach Duisburg-Hamborn, als Alfred gerade zwei ist. Die Mutter führt ein strenges Regiment und im Advent akribisch Buch über die Untaten und Tugenden der Geschwister. Schlechte Taten, schwarze Kreuze, gute Taten, rote Kreuze. Alfred sammelt die schwarzen. Was ihn irgendwie darin bestärkt, wie das schwarze Schaf, etwas Besonderes zu sein. “Hauptsache nicht in der Masse untergehen. Und: alles, bloß kein Mittelmaß!”. So auch beim Sport. Mit 17 beginnt er Badminton zu spielen, bei Hamborn 07 im Schatten der Thyssen Hütte. “Ich spielte nicht schön, aber erfolgreich.” Schon nach wenigen Monaten wird er Bezirksmeister und damit zum “König der Schule”. Kurzfristig. Die Sechs für eine verhauene Deutschklausur, die ihn gleich montags drauf aus taumelndem Siegesrausch reißt, ernüchtert radikal. Heute trägt ein “echter Kreutzberg” übrigens oft ein rotes Kreuz. Quasi sein Markenzeichen und nebenbei sein ganz persönliches Symbol für Glück. “Bin erst vor kurzem draufgekommen, dass ich damit vielleicht seit Jahren das Defizit aus Kindertagen ausgleiche”, resümiert er augenzwinkernd.

AKM liebt das Leben und seine Widersprüchlichkeit, den Reiz des Neuen, das Kind in sich und empfindet jede Abweichung von der Norm eher als Segen denn als Fluch. So gesehen gelingt es ihm mittlerweile sogar dieses ewige Zittern durch den Parkinson-Tremor nicht als lästige Einschränkung zu empfinden. Er integriert es und strahlt: “Meine Bilder kopiert so schnell keiner!” Der kleine Alfred übt früh den ganz eigenen Blick auf die Welt. Doch in der zweiten Volksschulklasse trifft ihn die Kritik seiner Lehrerin, wie ein Keulenschlag: “ Dein Gekritzel ist keine Kunst, das kann jeder!” Dennoch lässt er sich den Frieden mit seiner ureigensten Wahrnehmung nicht nehmen: “Mir kann keiner meine Bilder vermiesen, weil ich überzeugt bin, dass es Bilder sind!”. Dieser Überzeugung sei Dank, bleibt er unbeirrt bei seiner persönlichen Ausdrucksform, und genau die ist es, die seine Werke heute ganz besonders begehrenswert macht. Kurz vor Jahresende melden zwei New Yorker Galeristen Interesse an einer Kreutzberg-Ausstellung an.

AKM Großformat Asbach.

Eines seiner jüngsten Werke entsteht für ein Kinderärzte-Haus in Asbach. Titel: “Wie die Heiligen Drei Könige den 15. August mit dem AKM auf der Deutzer Brücke feiern…”. Ein Großformat: 1,60 Meter mal 3,20 Meter. Der 15. August ist übrigens Kreutzbergs Namenstag, den er, alle Jahre wieder, eindeutig lieber zum Festtag macht, als seinen Geburtstag.

Kunstpädagogen der Neuzeit bringen heute gern ganze Schulklassen mit in seine Galerie. “Ich sag den Kindern immer: Malt grüne Katzen und blauen Rasen. Und wenn einer behauptet, so was gäbe es nicht, dann zeigt ihm meine Bilder.” Kreutzberg macht Mut zum eigenen Ausdruck. Als wieder einmal eine Kindergruppe bei ihm zu Gast ist, lässt er Stifte und Blätter verteilen, auf dass jeder seinen eigenen Vogel male. Ein interessierter Vater beugt sich – vermeintlich hilfsbereit – über das leere Blatt seines Sohnes und beginnt einen Vogel zu skizzieren. “Was machen Sie da?”, will AKM vom Vater wissen. “Ich wollte meinem Sohn zeigen, wie ein Vogel gemalt wird.“ Die Antwort: “Ich will nicht Ihren Vogel sehen! Ihr Sohn soll frei seinen eigenen Vogel malen!“

AKM Galerie Vögel. Foto: Saler

So, wie Alfred Karl Maria Kreutzberg seinen Lieblingsvogel AKM, der ihm längst zu Freund und Markenzeichen geworden ist. Der Künstler studiert seit Jahren auch die Unterschiede in der Bildbetrachtung von Kindern und Erwachsenen. Und deshalb weiß er genau: “Erwachsene und Kinder sehen anders, schmecken anders, riechen anders, hören anders, fühlen anders…“ Denn irgendwo, auf dem Weg zwischen gestern und morgen, geht viel zu oft das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung verloren. “Dich selbst erkennen und feststellen, dass du einzigartig bist in dieser Welt, darum geht es doch!”

So sind wir uns in einem seiner Herzensanliegen ganz besonders nah: “Erwachsene müssen endlich begreifen, was sie von Kindern lernen können, anstatt sie einfach nur blind und taub zu verwalten!” Die meisten seiner Bilder überzieht er übrigens ganz zum Schluss mit einem Speziallack. Aus einem einzigen guten Grund: “Ich will, dass man sie berühren kann.” Berühren hilft begreifen…

Wie viele Bilder er in seinem bisherigen Leben gemalt hat?  “Unzählbar, wie die Sterne am Himmel”, lautet seine Antwort. Und wenn er des nachts nicht schlafen kann, dann malt er weiter. Mehr, mehr, mehr scheinen die Pinsel zu rufen und er tunkt sie, wie im Rausch, in kräftiges Karmesinrot und leuchtendes Sonnengelb, bringt einen neuen bunten Vogel zur Welt und lässt ihn fliegen…

8 Kommentare

    • Hallo Karin,
      hier meldet sich der Künstler selbst!
      Ich freue mich, wenn ich Dich in meiner Galerie begrüßen darf!
      Du bist jederzeit willkommen!
      Die Preise richten sich ausschliesslich nach der Größe = 1500 € pro qm, so kannst Du jedes Bild selbst ausrechnen!
      Mit freundlichen Grüßen AKM Kreutzberg

  1. so schön, so schön lebendig, so schön lebendig und voller Lebenslust, meine Pinsel liegen noch griffbereit in der Kühe rum da könnte ich vielleicht gleich mal……

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