Andererseits

Unheimlich nah und extrem beglückend …

Wie kann ein Buch, das dem Umgang der Überlebenden mit dem Tod geliebter Menschen gewidmet ist, sich letztendlich als eine Quelle des Glücks erweisen? Und noch schlimmer: ein Roman, also reine Fiktion, anlässlich plötzlicher, grausamer, welterschütternder Tode (11. September in New York einerseits, Dresdenbombardierung 1945 andererseits)! Es gibt eben Bücher, die Glücksfälle sind – und große, unerschöpfliche Glücksquellen. Dem damals 28 jährigen amerikanischen Schriftsteller Jonathan Safran Foer ist ein solches Kunststück gelungen – mit seinem Roman Extrem laut und unheimlich nah, der nicht ganz neu ist ( 2005 ) aber so zeitlos und für mich unvergesslich, dass er mir sofort in den Sinn kam, als ich über Gabi Salers selbstgewählte Aufgabe als Trauerrednerin nachdachte. Sagen wir es mal so: keiner von uns denkt wahrscheinlich mit Offenheit und Großmut an den plötzlichen, unvorhersehbaren Tod. Weder an den eigenen, noch an den geliebter Menschen. Aber der neunjährige Oskar lehrt uns hier in diesem Buch, wie man es anstellen könnte – und wozu… Nun ja, Vorsicht! Es gibt Fabelkinder, wie auch Fabeltiere: sie sind Mittler, sie transportieren Gedanken und […]

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1968 – Als der Planet Feuer fing

„Wo waren sie denn 1968?“, fragt mich mein Premieren-Sitznachbar im Karlsruher Sandkorn Theater. „Im zarten Alter von fünf mit meiner Familie in Bayern. Ich musste noch nicht in die Schule und hatte eine wundervolle Zeit“, gebe ich ihm wahrheitsgemäß zur Antwort. Er lacht. „Ich war schon Messdiener. Also auch nicht an vorderster Front.“ Rainer schon. Also Onkel Rainer. So nannten ihn alle. Nicht nur Neffe Rudi (Erik Rastetter) und Nichte Uschi (Silvie Fazlija), sondern auch seine alten Freunde Willy (Horst Maria Merz), Heinrich (Martin Wacker) und Gudrun (Patricia Keßler). Was den Onkel 1968 wirklich umtrieb, erfahren sie in der “Musikalisch-Szenischen Entrümpelung” von Günter Knappe und Erik Rastetter, erst aus seinem Tagebuch. Nach seinem Ableben. Beinah entpuppt sich Onkel Rainer als wildentschlossener Frontliner, auf alle Fälle aber als Augenzeuge eines legendären Jahres: “1968 – Als der Planet Feuer fing”. Im Nachklang beinah unfassbar, wer und was sich in jenen 12 Monaten bewegte. Schlagworte wie Vietnam, Rudi Dutschke, Prager Frühling, Notstandsgesetze, Studentenrevolte, APO, Flower Power werden mit Geschichten und Videorückblicken erfüllt. Gewalt und Unverständnis einerseits, wachsendes Wir-Gefühl und euphorische Glücksgefühle […]

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Lebensmittelretter und Umverteiler

Eine herzliebe Freundin erzählt mir, dass sie neulich zum ersten Mal in ihrem Leben bei der Tafel war. Sie habe lange gezögert, dann hätte sie es doch gewagt. Mit Hartz IV Berechtigungsschein und Tarnkappe. In der Hoffnung, niemandem zu begegnen, der sie kennt. Frische Orangen lachten sie an und sie habe sich fünf gewünscht. “Geht leider nicht”, bekam sie zur Antwort. “Für ihren Zwei-Personen-Haushalt sind nur zwei Orangen pro Woche vorgesehen.” Kurze Pause. “Ach sagen Sie mal, sind sie nicht die Frau…???” “Nein!”, antwortet sie hastig, packt zusammen, was sie bekommen kann und schleicht im Dunkel beschämt nach Haus. Grundsätzlich sind Tafeln eine wirklich gute Sache. In Deutschland werden täglich etliche Tonnen Lebensmittel vernichtet, obwohl sie noch verzehrfähig sind. Gleichzeitig herrscht bei immer mehr Menschen Mangel. Mittlerweile 900 gemeinnützige Tafeln sind seit 25 Jahren bundesweit aktiv, somit nahezu flächendeckend verbreitet, und schaffen einen Ausgleich: Sie sammeln überschüssige, qualitativ einwandfreie Lebensmittel und verteilen diese an sozial und wirtschaftlich Benachteiligte. Womit man “als Benachteiligter” allerdings umgehen können muss, ist einerseits der enorme Andrang und die damit verbundene Nahrungsverteilung mittels Losverfahren, […]

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Einmal mit Delfinen schwimmen

Wenn einer einen kleinen Stein ins Rollen bringt und andere damit Großes bewegen, dann ist das definitiv Glück. Der kleine Stein war die Geschichte Barrierefreiheit beginnt im Kopf, die im Mai 2016 auf diesem Blog erschien. Darin wird auch Nina Dhoms Herzenswunsch „einmal mit echten Delfinen schwimmen“ zum ersten Mal veröffentlicht. Die Resonanz auf das Portrait ist überwältigend. Birgit Langknecht liest nicht nur, sie handelt. Schließlich ist sie ein Tatenmensch und Nina freundschaftlich nah verbunden. Im Juni 2016 veranstaltet sie die erste Sammelaktion beim alljährlichen Openair Kinoabend im Garten. Dabei kommen immerhin 112 Euro zusammen, doch diese Art der Sammelei erscheint der rührigen Pfälzerin entschieden zu mühsam. Bei Leetchi findet sie die optimale Crowdfunding Plattform für diesen Zweck und richtet, nach Rücksprache mit Nina und ihrer Familie, einen Spendenpool ein, der bis Mitte Juli 2017 von 83 großzügigen Spenderinnen und Spendern mit sage und schreibe 2935 Euro befüllt wird! Obendrein werden noch ein paar weitere Aktionen für Ninas Herzenswunsch organisiert, wie ein Zumba Marathon, bei dem 1500 Euro zusammenkommen, und der Taschenverkauf „Alles mit Dubbe“. Viele […]

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Der Winter ist erledigt…

In jenen Tagen, als es noch keine Supermärkte gab und wir auch hierzulande ausnahmslos von dem lebten, was der Boden hergab, hatte Winter mit Spaß wenig zu tun. Je länger er sich hinauszog, desto knapper wurden die Vorräte. Da mussten die Dorfkinder manches Mal betteln geh’n, um zu überleben. Bei uns im Tal sorgt der Heimatverein dafür, dass die Erinnerung an unsere Geschichte nicht verblasst: grad vorhin ham wir dem Winter erst den Garaus gemacht und bei herrlichstem Frühlingswetter “Summerdaach” gefeiert.  Mit kreppgezierten Ri-Ra-Ro-Stecken, tanzenden Wichteln und Elfen aus vieler Herren Länder, einem Umzug, der vom Winter aus Pappmaché und Draht angeführt wird und von den Kindern, die das  Lätare-Spiel aufführen. Ein Richter lässt in diesem alten Spiel den Winter, den Sommer und seine Gehilfen, Gretel und Hansel Fingerhut, gegeneinander antreten. Im Spiel gewinnt natürlich immer der Sommer, auf das der  Winter endgültig hinüber ist. In echt klappt das nicht immer. Dieses Mal hat’s geklappt 😉  

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Zur Nachahmung empfohlen: “Restlos glücklich e.V.”

Der Berliner Verein RESTLOS GLÜCKLICH e.V. hat Deutschlands erstes Not-for-Profit-Lokal eröffnet, in dem mit überschüssigen Lebensmitteln hochwertige Menüs und originelle Gerichte serviert werden. Immer von Mittwoch bis Samstag werden im RESTLOS GLÜCKLICH-Lokal die Gäste von einem professionellen Koch mit neu kombinierten Speisen überrascht und vom Team mit Impulsen für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln versorgt. Mit seiner Arbeit möchte der Verein ein Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln schaffen und erreichen, dass weniger Essen weggeworfen wird. Im April 2016 hatte die Testphase als Pop-Up Reihe an ausgewählten Terminen in einem Restaurant in Neukölln begonnen. Als sich dem Verein die Möglichkeit bot, das Lokal in der Kienitzer Str. 22 längerfristig zu mieten, folgten Renovierungsarbeiten. Dann erweiterte das Team die Öffnungszeiten und testete weiter den laufenden Betrieb. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Testphase so erfolgreich gelaufen ist. Diese Zeit war sehr wichtig für uns, um die Abläufe zu optimieren“, sagt Geschäftsführerin Lena Becker. „Wir haben viel gelernt und jede Menge Erfahrung gesammelt. Jetzt hat sich alles soweit eingespielt und wir sind bereit für den nächsten Schritt“, so […]

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Quizfrage: Was ist falsch an diesem Bild?

“Ja, es gibt keinen Weihnachtsmann. Zumindest nicht zu dieser Jahreszeit. Und wohl auch nicht im Rollstuhl. Aber diese kleine, handgearbeitete Figur hat eine besondere Bedeutung für mich. Ich habe sie 2010 von behinderten Kindern geschenkt bekommen, denen ich vorgelesen habe. Die Ironie der Geschichte: Wenige Monate später saß ich selbst im Rollstuhl. (Anm.: Zum Glück habe ich mich mittlerweile wieder aus dem Rollstuhl herausgearbeitet und brauche ihn nur noch für längere Strecken!) Deshalb ist dieser Weihnachtsmann etwas ganz Besonderes für mich. Eine Art Mahnmal, das Leben nicht für selbstverständlich zu nehmen, dankbar zu sein für das, was man hat. Aber wenn es sein muss, auch für sein Wohlergehen zu kämpfen. Und das ist die Geschichte, die ich damals erlebt habe. Für den Lese-Vormittag in einer Schule für körperlich und geistig behinderte Kinder hatte ich das Buch “Der gelbe Pulli” von Paul Maar ausgesucht. Die Geschichte von einem Mädchen, das die Farbe gelb nicht mag, aber ausgerechnet in dieser Farbe einen Pulli geschenkt bekommt. Maar erzählt augenzwinkernd, was das Kind alles unternimmt, um diesen Pullover loszuwerden. […]

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Dabeisein ist alles!

Das muss ein lustiger Bold sein, der Seppo. Persönlich kenne ich ihn ja noch nicht, aber seit gestern weiß ich immerhin, dass er Blogger ist und sich aus Spaß an der Freude im vergangenen Jahr erstmals den “Seppo-Blog-Award” für seine eigenen Schreibleistungen überreicht hat. Und weil ihn das derart beglückte, hat er sich vorgenommen 2016 eine hochoffizielle Nominierung auszuschreiben. Damit außer ihm auch andere Blogger in den Gewinner-Genuss kommen können. Mehr dazu auf https://seppolog.com/2016/02/24/seppo-blog-auszeichnung-2016-die-nominierten/ Die Berge an zusätzlicher Arbeit, die er sich damit aufhalst, lagen sicher noch im Nebel, als er den Entschluss fasste. Motiviert hat ihn vielleicht die Idee von Transparenz in der bunten, stetig wachsenden Blogger-Community, die durch Aktionen wie diese tatsächlich die Chance hat, eine Gemeinschaft zu werden und zu gewinnen. Gut, es kann keinen “Seppo-Blog-Award” für jeden geben, dafür allerdings Synergieeffekte, die aus einsamen Schreibern, Teamplayer machen können. Sowas gefällt mir. Und deshalb mache ich mit. Bin übrigens durch eine bloggende Freundin draufgekommen, die ursprünglich davon ausging, dass ich mich schon längst unter den Nominierten tummle. Deshalb hier ein Hinweis in […]

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Bewegende Ansichten…

Mein Bruder liebt seine Arbeit. Genuss ist für ihn den Kopf voller Filmideen zu haben; zu wissen, dass übermorgen der Schneideraum gebucht und der Text zur aktuellen Filmproduktion so gut wie im Kasten ist. Er genießt gern ein gutes Glas Rotwein und am allerliebsten gemeinsam mit Sohn Moritz brillante BvB-Spiele. Ein Tässchen Espresso wird gern genommen, bevor sein Pfleger ihn von der Rücken- in die Seitenlage befördert… Michael Dittrich ist durch eine chronische Entzündung des Zentralen Nervensystems seit 2006 vollständig bewegungsunfähig und komplett auf Hilfe angewiesen.  Der Sportjournalist, Filmemacher und Bücherschreiber, Jahrgang 1957,  ist zum Teil berentet und andererseits immer noch beim SWR angestellt. Für ihn ein echter Glücksfall. Deshalb kann die Arbeit der Menschen finanziert werden, die ihm Hände, Füße, Ausführende seiner Vorstellungen sind. Anfang Januar 2015 sorgt sein sehr persönlicher Film „Reine Nervensache – Leben mit einer unheilbaren Krankheit“ für enorme Medienresonanz und wird zum ersten Mal im SWR Fernsehen gesendet. In der 90 minütigen Dokumentation geht es um Stationen in seiner Biographie, um Träume und Wünsche, um Hoffnungen und Enttäuschungen, um Freundschaft […]