Meinerseits

Solidarität und die Flucht nach vorn

Nähe, Anteilnahme, finanzielle Unterstützung und Perspektiven tun Not. Für zahllose Menschen jedweden Alters und in unterschiedlichsten Lebenssituationen. Es brennt an allen Ecken und Enden. Doch echtes Mitfühlen ist unmöglich, wenn wir nicht wirklich voneinander wissen und Mitmenschen lediglich unter plakativen Oberbegriffen vorsortieren: Risikogruppe, Soloselbstständige, Freiberufler, Künstler, Pflegepersonal, Gastronomen, Alleinerziehende, Hartz 4 Bezieher … Die Begriffe an sich machen nichts mit uns, solange sie nicht an fühlbare Lebensgeschichten geknüpft sind. Ich bin eine, die sich vor Corona als Freie Autorin, Rednerin, Künstlerin durchaus ernähren konnte und mit wachsender Vorfreude auf all die Buchungen des Jahres 2020 blickte. Bis Mitte März eine Pandemie unsere Welt veränderte. Tatsächlich war es Mut der Verzweiflung, der mich Ende 2020 mit einer Bitte um private, solidarische Unterstützung in sozialen Medien zur Flucht nach vorne trieb. Längst weiß ich: Der Schritt, den ich getan habe, ging in die richtige Richtung. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Erstens folgte direkt eine Welle der Hilfsbereitschaft, zweitens teilten mir dadurch zahllose Menschen ihre eigene Lebenssituation mit, wodurch auch ich die Chance bekam Anteil zu nehmen, drittens brachte uns […]

Und jeden Morgen geht die Sonne auf
Meinerseits

Kinder, Sterne und die Liebe

Als Enkeltochter Mia zum allerersten Mal mit der Endlichkeit des Erdenlebens konfrontiert wird ist sie gerade vier Jahre alt. Da verabschiedet sich ihre „Urmi“, meine Mama, und sie will wissen, wo sie jetzt ist. „Die Urmi ist wieder ein Stern geworden,“ erkläre ich ihr, weil auch mir diese Vorstellung tröstlich erscheint, und wir gehen zusammen auf die Terrasse und schauen in den klaren Abendhimmel. Dann deutet ihr kleines Zeigefingerchen auf einen besonders hell leuchtenden Stern und sie fragt: „Omi, meinst du sie ist da?“ „Kann gut sein,“ antworte ich und dann stehen wir, Hand in Hand, und schauen und vertrauen. Später basteln wir Sterne, ganz viele, mit guten Wünschen drauf, damit wir sie der Urmi noch mit auf den Weg geben können. Je mehr geliebte Wesen sie loslassen muss, um so mehr Sterne findet sie abends am Firmament und um so klarer ist ihr, dass alle irgendwann geboren werden und alle und alles irgendwann stirbt. Die Zeit dazwischen nennen wir Leben. Mittlerweile ist auch die andere Uroma ein Stern geworden. Und Tia, der geliebte Hund, […]

Regenbogen über Eußerthal in der Südpfalz
Meinerseits

Ohne Anfang und Ende

Einen Regenbogen mit eigenen Augen am Himmel zu entdecken – das beglückt mich schon seit frühesten Kindertagen. Plötzlich all diese Farben. Und dann dieser Bogen…wie eine Brücke… Ein Wunder. Drum wundert es wenig, dass sich um den Regenbogen seit Menschengedenken allerlei Mythen ranken. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich als kleines Mädchen direkt losrennen wollte, als  Mama mir erzählte, dass am Ende eines Regenbogens ein Schatz vergraben sei. Unzählige Kinder auf der Welt haben wohl danach gesucht und, wer weiß, was sie fanden… Es gibt Überlieferungen, wonach sogar erwachsene Glücksritter versucht haben sollen, unter den beiden Enden des Regenbogens verborgene Schätze zu bergen. In anderen Sagen heißt es, Engel ließen aus dem Himmel entlang des Regenbogens sogenannte Regenbogenschlüsselchen fallen. Wer sie fände, dem solle unermesslicher Reichtum und Glück zuteil werden. Doch nicht für alle Menschen ist der Regenbogen ein Glücksbringer: In großen Teilen Asiens gilt es nämlich als “No-Go” mit dem Finger auf die himmlische Erscheinung zu zeigen. Angeblich faule der dann ab oder der Wurm käme hinein! In Abschiedszeremonien spielt der Regenbogen […]

Feuerschale
Meinerseits

Zur guten Hexen-Nacht…

Vor langer, langer Zeit stand in unserem Garten am lichten Berg ein Tipi. Und – wie die Indianer dereinst – so trafen wir uns dort, rund um die Feuerstelle, um uns auszutauschen und unsere Lebensgeschichten miteinander zu teilen. Groß waren unsere Runden, wer den Redestab hielt, durfte loswerden, was ihm auf der Seele brannte. Wir lauschten, erzählten, lachten, weinten, tanzten, tobten, ließen den Klang unserer Trommeln durchs Tal hallen, unsere Lieder kreisen und spürten jene tiefe Verbundenheit, die die Grenzen von Raum und Zeit überwindet… Im hier und jetzt schreiben wir den 30. April 2020. Heute ist wieder Beltane. Im irischen Kalender der Sommeranfang. Hierzulande besser bekannt als Hexen- oder Walpurgisnacht. Der Tanz ums lodernd-helle Feuer gehörte immer dazu. Wohl, weil ihm reinigende Kraft zugeschrieben wird und es Seuchen fern halten soll. Und sicher auch, weil so ein Feuer Menschen nicht nur einander, sondern auch dem Raunen der Natur näher bringt. Damals, in Tipi-Zeiten, wurden auf dem Lichten Berg rund um die Feuerstelle von Herzen gern Beltane und Walpurgis und die Hexen gefeiert. Heute regnet […]

Verlosung bei "Mein Grundeinkommen"
Ansichtssache

12 Monate, 1000 Euro, bedingungslos?

Auch wenn man es mir vielleicht nicht ansieht: Ich bin ein Crowdhörnchen. Seit knapp sechs Jahren werfe ich 5 Euro monatlich in den Spendensammeltopf von Mein Grundeinkommen. Und außer mir machen da noch ‘ne Menge anderer Leute mit! Bis zum heutigen Tag (29. April 2020) haben 184664 Menschen auf diese Weise 587 anderen Menschen 1000 Euro Grundeinkommen monatlich für ein Jahr finanziert. Das gefällt mir. An fünf Euro im Monat weniger in der Haushaltskasse scheitern Enzo und ich glücklicherweise nicht. Doch je mehr Menschen als Crowdhörnchen einen Mindestbetrag von fünf Euro pro Monat in diesen Topf werfen, umso mehr Teilnehmer kommen in den Genuss ein Jahr lang monatlich, steuerfrei 1000 Euro auf ihrem Konto zu finden. Bedingungslos! Könnte sogar uns passieren 😉 Wenn ich bedenke, dass meine Eltern zeitlebens Lotto gespielt haben, ohne jemals einen nennenswerten Gewinn einzustreichen, erscheint mir diese Einrichtung irgendwie sinniger. Um nicht zu sagen, nachhaltig. Damit lässt sich nämlich zur Freude über einen Gewinn, wenn man denn zu den Gewinnern zählt, direkt mal alltagstauglich proben, ob ein Bedingungsloses Grundeinkommen einfach nur satt, faul […]

Den Stiefmütterchen zum Gedenken
Meinerseits

Im Auge der Betrachterin

Entschleunigung ist angesagt dieser Tage. Der Terminkalender ist durch Corona leergefegt, was bleibt ist Homeoffice und, weil unser Heim inmitten eines wundervollen Gartens steht, erfüllende Zeit im Grünen. Auf der Suche nach einem größeren Blumentopf für die leuchtend violetten Glockenblumen von Marie, entdecke ich zwischen dürrem Gestrüpp ein vergessenes Stiefmütterchen. Es hat den milden Winter unbeschadet überstanden und entschieden sich strahlend zu entfalten. Es blüht. Obwohl es im Schatten steht und die Erde ziemlich trocken ist. Bescheiden und anspruchslos leuchtet es einfach aus sich heraus. Eigenartig, denke ich so bei mir, dass dieses Pflanzenwesen einen derart behafteten Namen erhielt. Stiefmütterchen. Immerhin Mütterchen. Stiefmutter wäre nicht auszudenken. Sofort sehe ich Schneewittchens böse Stiefmutter vor mir: “Spieglein, Spieglein an der Wand…”. Ach, und Aschenputtel, die musste auch mit einem echten Stiefmutter-Besen leben. Ich recherchiere ein wenig und finde einen Text, den ein gewisser Friedrich Schnack der Veilchenverwandten einst andichtete: “Das große unterste Blumenblatt, gestützt auf zwei Kelchblätter, ist die Stiefmutter, ihr zu Seiten sitzen auf je einem Stühlchen die beiden gutgekleideten eigenen Kinder, zuoberst die zwei schlichten Stiefkinder, […]

Meinerseits

Worte können gewaltig sein

“Und wenn dir ein Wort auf der Zunge brennt, lass es brennen!”, pflegte Enzos Großmutter immer zu sagen. Ich für meinen Teil hab’ mir schon öfter  die Zunge verbrannt. Allerdings eher, weil mir unbedachte Worte aus dem Mund purzelten, die eindeutig weniger schmerzvoll gebrannt hätten, wenn ich sie für mich behalten hätte. Immerhin: mit zunehmender Altersweisheit hab’ ich tatsächlich erfasst, was hinter Oma Albertines Sinnspruch steckt. “Erstmal runterpegeln bevor du den Mund aufmachst”, hätte sie ebenso gut sagen können. “Kühlen Kopf bewahren”, “sich besinnen”, “nochmal drüber schlafen”, “vor Betätigung des Mundwerks Gehirn einschalten” meint alles das Gleiche. Schließlich sind Worte unsere Ausdrucksmittel für Gefühle, Meinungen, Erfahrungen, Ansichtssachen. Und weil sie von einem Menschen ausgesprochen werden, formulieren sie eben nicht selten die sehr persönliche Sichtweise dieses einen Menschen. Die dann schon mal am verständnisfördernden Konsens vorbeischießen und eher zu Verwirrung und Verletzung, als zu Klärung und Verbundenheit führen kann. Soviel zum gesprochenen Wort und zum althergebrachten, analogen Wortwechsel. In unserer digitalen Welt, von der Oma Albertine noch nicht einmal träumen konnte, da brennen Worte weitaus öfter […]

Deinerseits

Eine Frau lebt ihre Träume

Anna Kimmel, Jahrgang 1976, ist Wanderschäferin und jetzt auch ganz offiziell Schriftstellerin, denn vor kurzem hat sie mit der Edition Weltenschreiber ihr erstes Buch herausgebracht: “Narla, die Wurzellose”, Teil eins der “Wolfschroniken”. Teil zwei ist quasi schon im Kasten und geht demnächst in die Korrektur- und Lektoratsphase und Teil drei ist längst in ihrem Kopf unterwegs. Fantasy, spürbar, fesselnd, mit starken Charakteren, mitreißenden Handlungssträngen und viel Gedankenkraft im Zwischenraum, die den Leser genauso mitnimmt, wie sie selbst: “Ich setze mich hin, verschwinde in der Geschichte und bin erstaunt, was passiert.” Gerade 12 ist Anna, als sie sich auf Mamas alter Schreibmaschine das erste Mal die Finger blutig tippt. Damals werden Narla, die Protagonistin des Buches, und ihr Ringgefährte, der Wolf Tetra, bereits geboren. Immer wieder kehrt sie zu ihnen zurück und lässt die selbst kreierten Welten Oksidiens vor ihrem inneren Auge aufleben. Freundin Renata hängt an ihren Lippen, wenn sie ihr davon erzählt. Und nicht nur sie… Eine Weile schwelgt Anna in der jugendlichen Überzeugung: “Eines Tages werde ich eine Schriftstellerin sein.” Doch eines Tages kann […]

Deinerseits

Die Welt braucht Zauber …

… und magische Menschen wie Holger Much. Seiner Welt wohnt seit jeher ein Zauber inne, den er mit allen Sinnen wahrnimmt und dem er auf seine ureigenste Weise Ausdruck verleiht. Er sei wohl schon mit Buntstiften in der Hand geboren worden, mutmaßt der gebürtige Albstadter, denn seit er denken kann sind sie quasi die Verlängerung seiner Finger. Mutter Gerda überrascht es wenig, als ihr Sohn in frühen Kindergartentagen nicht etwa gängige Blümchen und Kopffüßler produziert, sondern stolz sein erstes bildgewaltiges Monster mit Riesenzähnen präsentiert. Sie weiß um die blühende Fantasie ihres Sohnes und versteht es die leicht irritierten Erzieherinnen zu beruhigen. Angst kann ihm ein solches Monster nicht machen. Er hat es ja schließlich eigenhändig erschaffen. Holger Much ist einer, der in sich ruhen kann. Schon immer. Und wenn er eines definitiv nicht kennt, dann ist es Langeweile im negativ besetzten Sinn. Glück ist für ihn, eine lange Weile Zeit zu haben all das umzusetzen, was er sieht und hört und grenzenlos assoziiert. Übrigens auch musikalisch: Ian Anderson von Jethro Tull wird ihm via Schallplatte zum Blockflöten-Lehrmeister […]

Meinerseits

Vergissmeinnicht

Vergissmeinnicht… Meine Lieblingsblumen. Und in diesen Tagen gleichermaßen Symbol für so viele, die ohnehin in diesem System seit langer Zeit schlicht übersehen, überhört und vergessen werden, weil es ihnen an egozentrischer Lautstärke und narzisstischer Selbstinszenierung fehlt. Die Pflegenden, die Dienenden, die liebevoll gestaltenden, die selbstlosen Kümmerer, alle, die das Wohl des Miteinanders im Blick haben. Ihre Wertschätzung steigt. Endlich. Und ganz genau so soll es auch bleiben. Aus der Dunkelheit ans Licht. Wie die Blumen im Frühling…