1968 – Als der Planet Feuer fing

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„Wo waren sie denn 1968?“, fragt mich mein Premieren-Sitznachbar im Karlsruher Sandkorn Theater. „Im zarten Alter von fünf mit meiner Familie in Bayern. Ich musste noch nicht in die Schule und hatte eine wundervolle Zeit“, gebe ich ihm wahrheitsgemäß zur Antwort. Er lacht. „Ich war schon Messdiener. Also auch nicht an vorderster Front.“ Rainer schon. Also Onkel Rainer. So nannten ihn alle. Nicht nur Neffe Rudi (Erik Rastetter) und Nichte Uschi (Silvie Fazlija), sondern auch seine alten Freunde Willy (Horst Maria Merz), Heinrich (Martin Wacker) und Gudrun (Patricia Keßler). Was den Onkel 1968 wirklich umtrieb, erfahren sie in der “Musikalisch-Szenischen Entrümpelung” von Günter Knappe und Erik Rastetter, erst aus seinem Tagebuch. Nach seinem Ableben. Beinah entpuppt sich Onkel Rainer als wildentschlossener Frontliner, auf alle Fälle aber als Augenzeuge eines legendären Jahres: “1968 – Als der Planet Feuer fing”.

Im Nachklang beinah unfassbar, wer und was sich in jenen 12 Monaten bewegte. Schlagworte wie Vietnam, Rudi Dutschke, Prager Frühling, Notstandsgesetze, Studentenrevolte, APO, Flower Power werden mit Geschichten und Videorückblicken erfüllt. Gewalt und Unverständnis einerseits, wachsendes Wir-Gefühl und euphorische Glücksgefühle andererseits. Und die Musik, als alles verbindendes Element. “Sag mir wo die Blumen sind”, “Spiel nicht mit den Schmuddel-Kindern”, “We shall overcome”, “Hey Jude”, “Blowing in the wind” … Songs von 1968, die zu Evergreens wurden und den Geist dieser Zeit heute noch lebendig halten. So lebendig, dass sie zu Liedern deiner/meiner/unserer Zeit wurden. Egal, ob wir nun 1968 fahnenschwenkend ganz vorn, freiliebend in Kommunen, als distanzierte Beobachter, wie ich, als Kind, oder überhaupt nicht erlebt haben, weil noch nicht auf dem Planeten gelandet: Das Feuer von 1968 ist nicht erloschen.

“1968 – Als der Planet Feuer fing” im Sandkorn Theater in Karlsruhe , starke Stimmen, spannende Brücken, ein erlebenswertes Stück Zeitgeschichte.

 

Foto: Jürgen Schurr, Sandkorn Theater

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